Montag, 10. September 2007

Drei entspannte Wochen...

...sind vergangen, und ich habe mich sowas von entspannt, dass ich dieses Tagebuch vollkommen vergessen habe.
Sehr gefreut habe ich mich deshalb, dass mir viele liebe Freunde ihr Leid geklagt haben, dass sie gar nicht mehr auf dem Laufenden sind und ich doch endlich wieder etwas schreiben sollte. Danke sehr, ihr Lieben! Das tut mir sehr gut!

Was ist nun alles passiert in der Zwischenzeit? Da muss ich auch erstmal ein wenig drüber nachdenken. Am Besten ist es, ich denke während des Schreibens nach. Das kommt bestimmt gut, wenn auch bestimmt sehr chaotisch ;-)

Am 20.8. habe ich zum letzten Mal gepostet. Die wesentliche Aussage damals: hoffentlich bin ich beim nächsten Billiard-Termin nicht wieder "überdopt". Und ich war es nicht. Seit dem konnte mir Michael nichts anhaben, harhar ;-) Zwar habe ich nicht mehr mit extremen Abstand gewonnen, aber die letzten drei Sessions gingen an mich. Michael ist ziemlich cool geworden und legt unglaubliche Breaks an den Tag, aber ich habe einfach eine so verdammt professionelle Entspanntheit entwickelt, dass selbst die ausweglosesten Momente meine Konzentration und Zuversicht auf den nächsten Stoß nicht zerstören können.

Das ist denn auch meine Mission für die Zukunft: Think Pink! Glaube daran, dass selbst in den übelsten Situationen es immer irgendetwas Positives gibt, dass dich nach vorne schauen lässt.
Vielleicht liest sich das vollkommen geschwollen, und ganz sicher werde ich noch sehr häufig meinen Schlafsack als Punchingball durch die Wohnung pfeffern, aber unterm Strich habe ich eine für mich unglaubliche "Ruhe in der Not" entwickelt. Jetzt gilt es nur, diese Ruhe auch im Alltag nicht zu verlieren.

Dieses Selbstverständnis ist mir nicht einfach so zugeflogen. Und ich habe mir diese Weisheiten auch nicht selbst beigebracht. Es gab in den letzten Wochen sehr viele unruhige Momente, und deren Verarbeitung hat mir einige Schmerzen bereitet. Und nicht nur mir, auch meiner Liebsten, vielleicht sogar ihr mehr als mir! Aber durch Tinas Widerstand bei so manchen Querschlägern bin ich stückweise aus der Überdrehtheit erwacht.

Wenn ich mir mit einigem Abstand meine Notizen in diesem Tagebuch durchlese, muss ich mich doch ziemlich wundern. Das liest sich alles unglaublich locker - aber das ist es nicht. Ich habe mir gewissermaßen eine leckerdicke Schokoschicht zum Selbstschutz angelegt. Zur Verteidigung sage ich: jeder auf seine Art. Aber auf Dauer ist das sicher nicht die Lösung.

Ich bin von meinem Naturell her schon immer sehr extrem gewesen. Aber was ist "angeboren" und was ist "erlernt"? Ich begründe meine Verhaltensweise immer damit, dass ich ein extremer Spätentwickler bin. Dadurch, dass ich seit dem neunten Lebensjahr als Diabetiker ständig unter minutiöser Kontrolle aller möglicher "Organe" stand, konnte ich mich nicht altersadäquat entwickeln - so meine These.
Erst mit Anfang 20 habe ich mich der Kontrolle teilweise entzogen. Und mit der Zeit habe ich meine Spätentwicklung überkompensiert. Nur ein Beispiel: auf der Getränke-Karte der Watusi-Bar steht inzwischen ein "Paddy".
Ich behaupte nun, dass ich durch ein kontrolliertes Übertreiben einen Teil der (im Vergleich zu Altersgenossen) übertriebenen (Selbst-)Kontrolle ausgleichen und mich dadurch "freier" fühlen kann. Aber Grenzen kann man nur dadurch ausloten, indem man sie überschreitet. Und das tue ich nun schon seit über 15 Jahren.

Die Art und Wiese, in der ich von Beginn an mit dieser durchaus tödlichen Krankheit umgehe, ist wohl nur eine weitere Variante dieser angelernten Überkompensation.

Ich denke, dass jeder seine eigenen Mittel und Wege findet, wie er mit so etwas zurecht kommt. Ich denke, dass meine letzten 16 Wochen ganz sicher nicht so verlaufen wären, wenn sie mir "ein halbes Jahr" gegeben hätten.
Aber hätte-wäre-wenn. Es ist, wie es ist. Und ich bin, wie ich bin. Und ich glaube, dass ich im Rahmen des Gegebenen vollkommen richtig funktioniere. Und dass dies für mich der einzig richtige Weg ist, diesen Lebensabschnitt zu verarbeiten.

Wie das alles weiter geht, erfahrt ihr nach der nächsten Maus...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein sehr gelungener tiefschürfender Einblick in Dein (Seelen-)Leben.

Alles Gute für den Beginn der Strahlentherapie, Du unkontrollierbarer Maskenmann.